Eyetracking, Internetnutzer und ihre Aufmerksamkeit

Wer eine Webseite gestalten möchte hat die Qual der Wahl. Die Möglichkeiten für sowohl das Design des allgemeinen Layouts als auch für die Implementierung einer Vielzahl web-basierter Anwendungen scheinen endlos. Dabei buhlen Internetseiten konkurrierender Anbieter vor allem um eines: Die Aufmerksamkeit des Benutzers. An dieser Stelle rückt der Fokus von einem technologischen zu einem psychologischen Standpunkt. Denn das Thema Aufmerksamkeit gehört seit langem zu den zentralen Untersuchungsgegenständen der experimentellen Psychologie. Im Besonderen hat sich in diesem Zusammenhang eine Technologie als überaus brauchbar erwiesen: Eyetracking. Doch was ist Eyetracking und wie kann es für die Gestaltung von Webseiten genutzt werden?

Eyetracking basiert auf einer simplen Idee: Eine Lichtquelle wird auf die Augen gerichtet und die Reflexion gibt Aufschluss über die Augenbewegungen. Diese Reflexion werden wiederum mit einer Kamera aufgezeichnet. Bastler könnten durchaus ihr eigenes Blickaufzeichnungsgerät (Eyetracker), bestehende aus einem Computer, einer Webcam und einer Lampe, bauen. Diese stark vereinfachte Darstellung soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass hinter der Eyetracking-Technologie viel Mathematik und Physik steckt (interessierte Leser seien auf Büchern wie “Eye Tracking Methodology: Theory and Practice” von Andrew Duchowksi verwiesen). Der Vorteil des Einsatzes von Eyetracking besteht darin, dass es die angebotenen Hardware- und Softwarelösungen für Anwender wie Webmaster und Anwender ermöglichen, diese Technologie ohne Kenntnisse der theoretischen Grundlagen einzusetzen. Im Folgenden wird ein Überblick zu den gebräuchlichsten Geräten auf dem Markt gegeben.

Wenn Sie über den Einsatz von Eyetracking im Bereich der Internetnutzung nachdenken, so sollten Sie sich über zwei Dinge im Klaren sein: (1) Was möchten Sie messen und (2) wie genau möchten Sie es messen? So können Sie sich beispielsweise für ein “headmounted system” oder ein “integrated system” entscheiden. Im ersten Fall trägt der Anwender einen Helm an welchem mehrere Kameras angebracht sind. Dieses hat den Vorteil der Messgenauigkeit, bringt aber den Nachteil mit sich unbequem und umständlich sein. Im zweiten Fall sind die Kameras in einen Computerbildschirm integriert oder können frei im Raum platziert werden. Dieser Ansatz bringt Einbuße bei er der Messgenauigkeit mit sich, ist aber weitaus angenehmer für den Anwender. Wie kann der konkrete Einsatz eines Eyetrackers für die Internetnutzung aussehen?

Gehen wir von einem psychologischen Versuchsaufbau aus. Die Versuchsperson sitzt in einem abgedunkelten Raum vor einem Computerbildschirm. Auf diesem Bildschirm können die verschiedensten Stimuli präsentiert werden; z.B. eine neue Webseite. Der Webmaster interessiert sich dafür worauf der Anwender die Aufmerksamkeit richtet. Wenn Sie sich für eine integrierte Lösung entschieden haben, dann befindet sich unter dem Bildschirm ein kleiner Kasten von der Größe eines Autoradios. Dieser sendet Infrarotlicht in Richtung der Augen und nimmt gleichzeitig deren Bewegungen auf. Bevor die eigentliche Aufnahme beginnt, müssen die Augenbewegungen der Versuchsperson kalibriert werden. Dabei folgt man mit den Augen einem Punkt auf dem Bildschirm. Am Ende dieser Prozedur hat der Eyetracker die Augen korrekt erfasst. Nun kann die Webseite präsentiert werden. Dabei kann dem Anwender die Anweisung gegeben werden, sich mit Hilfe der Maus durch die Webseite zu klicken. All diese Schritte sind mit kommerziellen Eyetrackern und mitgelieferten Software-Paketen problemlos durchführbar. Doch was nimmt der Eyetracker eigentlich auf?

Moderne Eyetracker erlauben die Messung von drei Dingen: Fixierungen, Blickmuster und Pupillengröße. In der Internetnutzung könnten Sie sich erstens dafür interessieren, welche Aspekte einer Webseite am meisten fixiert werden, also von besonderem Interesse sind. Zweitens können die Blickmuster Aufschluss darüber, auf welche Art eine Webseite mit den Augen abgesucht wird. Gibt es nur wenige interessante Punkte für den Anwender oder wird bestimmten Teilen der Seite wiederholt Aufmerksamkeit geschenkt? Die dritte Messgröße erlaubt es, den Erregungsgrad der Versuchsperson zu messen. Dabei stehen größere Pupillen für mehr Erregung.

Die Vorteile von Eyetracking sind der intuitive Ansatz (wir richten unsere Aufmerksamkeit auf Dinge die wir interessant finden), die überschaubaren Anschaffungskosten (oder der erleichterte Zugang bei örtlichen Forschungseinrichtungen) und der direkte praktische Bezug. Webmaster können Ihre Webseiten in Hinblick auf deren Attraktivität für den Anwender untersuchen. Neue Ideen zur Gestaltung können direkt evaluiert werden. Damit bekommt der Anwender eine Webseite präsentiert welche auf ihn zugeschnitten ist. Überflüssige Anwendungen und uninteressante Aspekte können ausfindig gemacht werden. Somit steigert sich die Effizienz der Webseite. Es wird gewährleistet, dass die Aufmerksamkeit des Anwenders auf die relevanten Aspekte der Seite gelenkt wird.

Dies bietet nur einen kurzen Einblick darin, wie Eyetracking in der Internetnutzung zum Einsatz kommen kann. In Zukunft müssen sich Entwickler von Webseiten mit einem Dilemma auseinandersetzen: Einerseits soll immer mehr Information auf immer mehr Webseiten in noch kürzerer Zeit zur Verfügung gestellt werden. Andererseits sind die Ressourcen auf der Seite der Anwender durch die psychologische Aufmerksamkeitsspanne begrenzt. Eyetracking kann dabei helfen, diesen Spagat zu machen und innovative Lösungen zu bieten.